Das Mädchen ohne Arme

Spanisches Märchen

Es waren einmal ein Mann und eine Frau, die waren so arm, dass sie schließlich nicht einmal mehr zu essen hatten. Und die Frau war schwanger. Und eines Tages sagte die Frau: »Wenn doch einer käme und uns das Haus mit Korn füllte und uns Geld gäbe —und wäre es der Teufel selbst —, ich würde ihm geben, was ich zur Welt bringe. « Und schon war der Teufel da und füllte ihnen alles mit Korn und gab ihnen viel Geld, und sie hatten reichlich zu essen und waren sehr zufrieden.

Und die Frau brachte ein Mädchen zur Welt, ein wunderschönes kleines Mädchen, das vom Tag ihrer Geburt an fromm war wie eine Heilige. Kaum war sie geboren, da bekreuzigte sie sich und sagte: »Gesegnet sei die Jungfrau Maria! Gesegnet sei die Jungfrau Maria! « Und die Frau rief den Teufel und sagte zu ihm: »Seht nur, das Mädchen, das ich geboren habe, bekreuzigt sich immer und sagt: ›Gesegnet sei die Jungfrau Maria! ‹ « Und der Teufel antwortet: »Schlagt ihr die Hand ab, dann kann sie es nicht mehr tun. « Und die Frau ging zu dem Mädchen und schlug ihr die Hand ab. Da begann das Mädchen, sich mit dem Ellbogen, der ihr noch geblieben, zu bekreuzigen. Und die Frau ruft wieder den Teufel und sagt zu ihm: »Seht, ich habe dem Mädchen die Hand abgeschlagen, und jetzt bekreuzigt sie sich mit dem Ellbogen. « — »Dann schlagt ihr den ganzen Arm ab«, sagt der Teufel. Und da schlug die Mutter dem Mädchen den ganzen Arm ab. Doch da begann das Mädchen, sich mit der Hand des linken Armes zu bekreuzigen. Und wieder ruft die Frau den Teufel und sagt zu ihm: »Kommt und seht her. Ich habe dem Mädchen den ganzen Arm abgeschlagen, und jetzt bekreuzigt sie sich mit der Hand des linken Armes. « Und der Teufel sagt: »Auch diese Hand abschlagen! « Und die Mutter schlug sie ab, und darauf begann das Mädchen, sich mit dem Ellbogen des linken Armes zu bekreuzigen. Und noch einmal ruft die Mutter den Teufel und sagt ihm, dass das Mädchen sich mit dem Ellbogen des linken Armes bekreuzige. »Auch diesen Arm abschlagen! « sagt der Teufel. Und die Mutter schlug nun auch den ganzen Arm ab. Darauf nun bekreuzigte sich das Mädchen mit dem Armstumpf, der ihr noch blieb, und sagte wie vorher: »Gesegnet sei die Jungfrau Maria! Gesegnet sei die Jungfrau Maria! «

Als die Mutter sah, dass das Mädchen sich immer noch weiter bekreuzigte und nichts aß und nichts trank, rief sie den Teufel und sagte es ihm. Und der Teufel antwortete ihr, sie solle das Mädchen in ein Zimmer einschließen und dort lassen, bis sie erwachsen sei; dann werde er sie holen. Und als sie älter und schließlich erwachsen war, holte der Teufel sie und brachte sie in sein Haus. Und sie traten in sein Haus ein, und er führte sie in sein Zimmer und sagte zu ihr: »Hier ziehst du dich aus und wartest, bis ich dich rufe. « Und der Teufel stieg in ein Zimmer, das höher lag. Indessen kam eine kleine Hündin, die dem Teufel gehörte, und das Mädchen begann mit ihr zu sprechen und sagte: »Kleine Hündin, du Feine, ruf Maria, die Reine! Kleine Hündin, du Feine, ruf Maria, die Reine! «

Doch da hörte das Mädchen auch schon den Teufel sagen: »Kommst du herauf, oder soll ich hinunterkommen? « Und das Mädchen antwortete ihm: »Mann, sei still! Ich bin dabei, mir die Bluse auszuziehen. « Und leise, ganz leise sagte sie zu der kleinen Hündin: »Kleine Hündin, du Feine, ruf Maria, die Reine! Kleine Hündin, du Feine, ruf Maria, die Reine! « Da sagt der Teufel wieder: »Kommst du herauf, oder soll ich hinunterkommen? « Und das Mädchen antwortet: »Mann, sei still, ich bin dabei, mir den Rock auszuziehen! « Und leise, ganz leise sagte sie zu der kleinen Hündin: »Kleine Hündin, du Feine, ruf Maria, die Reine! Kleine Hündin, du Feine, ruf Maria, die Reine! « Und wieder sagt der Teufel und jetzt mit lauter Stimme: »Kommst du herauf, oder soll ich hinunterkommen? « Und wieder antwortet ihm das Mädchen: »Mann, sei still, ich bin dabei, mir den Unterrock auszuziehen! « Und wieder sagte sie zu der kleinen Hündin: »Kleine Hündin, du Feine, ruf Maria, die Reine! Kleine Hündin, du Feine, ruf Maria, die Reine! « Da wird der Teufel schließlich des Wartens überdrüssig, und er schreit: »Nun ist es aber genug! Nun lass ich mich nicht weiter zum Narren halten! Jetzt komme ich hinunter, und zwar sofort. « Und er kam hinunter und nahm das Mädchen in seine Arme und wollte sie in sein Zimmer tragen. Und als das Mädchen sich in den Armen des Teufels sah, da bekreuzigte sie sich mit dem Armstumpf und sagte: »Gesegnet sei die Jungfrau Maria! Gesegnet sei die Jungfrau Maria! Ach, mein Gott! Ach, heilige Jungfrau Maria!« Und in diesem Augenblick erschien die Jungfrau Maria, und als der Teufel sie erblickte, da ließ er das Mädchen fallen, und sie fiel in einen Dornbusch und tat sich nicht weh. Und dort lag das Mädchen, als gerade der König und seine Soldaten von der Jagd zurückkamen. Und die Hunde des Königs witterten sie und begannen zu schnüffeln und schnüffelten und schnürleiten, bis die Soldaten ihnen folgten und das Mädchen im Dornbusch fanden. Und sie gingen hin zum König und sagten ihm, dass ein wunderschönes Mädchen ohne Arme in einem Dornbusch läge. Und der König ging hin, um sie sich anzusehen, und als er sah, wie schön sie war, nahm er sie mit sich in sein Schloss. Und ohne jemandem ein Wort davon zu sagen, brachte er sie in sein Zimmer und befahl den Dienern, ihm immer das Beste von dem Essen zu bringen, das seine Hunde bekamen. Und die Diener murrten bald darüber und sagten: »Ach, wie langweilig, ihm jeden Tag immer das Beste von dem Hundeessen heraussuchen zu müssen. « Und das hatte der König befohlen, weil er das Essen immer dem Mädchen hinbrachte.

Schließlich sagte der König zu seiner Mutter, er wolle heiraten und habe schon eine Braut gefunden. Und als er seine Mutter in das Zimmer führte und ihr die Braut zeigte, da wunderte sich die Mutter sehr und fragte ihn, was er sich denn dabei denke, eine Frau ohne Arme heiraten zu wollen, die doch nicht einmal ihre Kinder aufziehen könne. Doch der König antwortete ihr, das sei ihm ganz gleich, und er wolle sie auf alle Fälle heiraten. Und so wurde die Hochzeit gefeiert, und der König heiratete das Mädchen ohne Arme. Und nach einigen Monaten musste der König in den Krieg ziehen, und er ließ seine Frau schwanger zurück. Und während der König noch im Krieg war, brachte seine Frau zwei Kinder zur Welt, die waren so schön wie zwei Sterne. Und man schrieb dem König, dass seine Frau zwei Kindern, so schön wie zwei Sterne, das Leben geschenkt hätte und dass er doch bald zurückkommen möchte. Doch der Teufel fasste den Brief ab und schrieb darin, die Königin hätte zwei Hunde zur Welt gebracht. Und der Brief kam an, und als der König ihn gelesen hatte, sagte er: »Es sei mit Gott! Wenn meine Frau zwei Hunde geboren hat, soll sie sie aufziehen, bis ich zurückkomme. « Und er schrieb einen Brief, in dem er sagte, dass, wenn seine Frau zwei Hunde geboren habe, man sie aufziehen solle, bis er zurückkomme. Doch der Teufel fasste auch diesen Brief ab und schrieb darin, dass, wenn die Frau zwei Hunde geboren habe, man sie beide töten solle, da sie sonst die Mutter totbeißen würden.

Als die Mutter nun den Brief erhielt, konnte sie nicht verstehen, was das alles heißen sollte, doch da darin stand, ihre Kinder sollten getötet werden, begann sie bitterlich zu weinen und sagte zu ihrer Schwiegermutter: »O weh! Meine Kinder töten, nein! Ach, mein Gott, das lass ich nicht zu! « Und sie bat ihre Schwiegermutter, ihr zwei Reisesäcke zu machen, um ihre beiden Kinder da hineinzustecken, denn sie wollte mit ihnen in die Welt hinausziehen. Und man machte ihr zwei Reisesäcke und steckte ihre Kinder hinein. Und sie bat, man möchte ihr die Säcke um die Schultern binden, und dann zog sie mit den beiden kleinen Kindern in die Welt hinaus.

Und als sie schon eine lange Strecke zurückgelegt hatte, bekamen die Kinder Durst und fingen an zu weinen und sagten: »Ach, Mutter, Wasser! Ach, Mutter, Wasser!« Und die Königin weinte auch und sagte zu ihnen; »Ach, meine lieben kleinen Kinder, hier ist kein Wasser! Und selbst, wenn hier etwas wäre, könnte ich es euch doch nicht geben. « Und die Kinder weinten bitterlich und die Mutter mit ihnen. Da trafen sie ein altes Väterchen und Mütterchen, das waren der heilige Josef und die Jungfrau Maria. Und die Jungfrau fragte, was geschehen wäre, warum sie und die beiden Kinder so weinten. Und die Königin erzählte ihr, dass die beiden Kinder Durst hätten und sie ihnen kein Wasser geben könnte. Da sagte die Jungfrau: »Sieh, dort stehen zwei Felsen; zwischen ihnen wirst du Wasser finden. « Und die Mutter ging mit ihren beiden Kindern dorthin und fand Wasser. Und sie beugte sich weit hinab, damit die Kinder das Wasser trinken konnten. Und sie beugte sich so weit hinab, dass die Kinder aus den Reisesäcken herausfielen. Da stürzte sie sich auf sie, um sie zu fassen, und in diesem Augenblick wuchsen ihr die Arme wieder, und sie ergriff die Kinder.

Bald danach brach ein fürchterliches Unwetter los; das schickte der Teufel, der sie immer noch peinigen wollte. Aber die Jungfrau und der heilige Josef sagten ihr, sie brauche sich nicht zu fürchten, sie solle nur weitergehen, es werde ihr nichts geschehen. Und die Königin, die nun ihre beiden Arme wieder hatte, ging weiter, und sie schritt mit ihren beiden Kindern rüstig voran und ging auf ein Licht zu, das sie vor sich sah. Und sie kamen an ein Haus, in dem hielt sich der König, ihr Gemahl, mit seiner Truppe auf. Und sie klopfte an die Tür, und ein Soldat kam und öffnete ihr, und sie sagte zu ihm: »Hört, könnt ihr mich und meine beiden Kinder diese Nacht bei euch beherbergen? « Und der Soldat sagte, sie möchte hereinkommen. Und sie kam herein mit ihren beiden Kindern in den Reisesäcken. Und man meldete dem König und sagte, eine Frau sei gekommen mit zwei Kindern so schön wie zwei Sterne. Und der König ging zu ihr, um sie sich anzusehen, und sobald die Kinder ihn erblickten, sagten sie: »Du bist mein Papa! Du bist mein Papa! « Und der König näherte sich der Frau, um sie zu betrachten. Und er sah sie an und sah sie immer wieder an und sagte schließlich: »Wenn Ihr keine Arme hättet, würde ich sagen, Ihr seid meine Frau, die ich zurückließ, als ich in den Krieg zog. « Und sie antwortete: »Das bin ich, und diese Kinder sind deine Söhne. « Und dann erzählten sie sich, wie alles gekommen war. Und der König umarmte sie und seine Kinder, und es herrschte Glück und Freude. Und am nächsten Tag zogen alle in das Schloss des Königs.