Die Königin Angelica

Es war einmal ein König, der hatte drei Söhne. Dieser König war blind, und er ließ sich von allen Ärzten untersuchen, die in sein Land kamen, aber niemand hatte es bisher verstanden, ihn zu heilen. Eines Tages sagte so ein Arzt: „Es gibt in diesem Falle kein anderes Heilmittel als das Wasser der Königin Ange­lica; wenn man es finden könnte, würde der König sicherlich gesund werden.“ „Das werde ich holen gehen“, sagte der älteste Sohn. In der Tat erbit­tet er sich von seinem Vater den Segen, nimmt sich Geld mit und einen Diener und zieht los. Er geht und geht und sucht und fragt nach dem Wasser der Königin Angelica, aber niemand konnte ihm sagen, wo er es finden könne. „Aber ich muss es doch finden“, sagte er bei sich, und er schickte den Diener zurück, um zu Hause sagen zu lassen, wenn er nach einem Jahr und drei Tagen nicht zurückgekehrt wäre, dann könnten sie damit rechnen, dass er tot sei. Und er verfolgte seinen Weg und kam in ei­nen Wald; es war Nacht, und es regnete stark. Er bleibt stehen, schaut um sich, und da scheint es ihm, als ob in der Ferne zwischen den Bäumen ein Lichtlein brenne. So läuft er in diese Richtung, und wirklich findet er ein Haus, und müde wie er war; tritt er ein, um ein bisschen Schutz zu finden.

In diesem Haus wohnten drei schöne Mädchen, und als sie diesen Herrn so durchnässt sahen, da kamen sie ihm mit großer Freundlichkeit entgegen, sahen zu, dass er sich neben dem Feuer trocknen konnte, und gaben ihm etwas zur Stärkung. Als er sich erholt hatte, erzählte er den Mädchen seine Geschichte und wie es kam, dass er sich in dieser Gegend befand. Die Mädchen hörten ihm zu, aber als er sagte, dass er morgen schon in der Frühe seinen Weg fortsetzen wollte, da taten und baten sie so lange, dass er zu bleiben versprach. Und so blieb er dort und verliebte sich, und an den blinden Vater und an die Königin Angelica dachte er nicht mehr. Das Jahr und die drei Tage waren dann bald vergangen; zu Hause sah man ihn nicht zurückkehren, und so glaubten sie, er sei gestorben. „Na schön, jetzt will ich es probieren“, sagte der zweite Bruder; und auch er bittet um den Segen des Vaters, nimmt sich Geld und einen Diener und zieht los. Aber das Wasser der Königin Angelica fand auch er nicht. Er schickt den Diener nach Hause zurück, um zu sagen, wenn sie ihn innerhalb von einem Jahr und drei Tagen nicht kommen sähen, sollten sie ebenfalls denken, dass er gestorben sei. Und er setzt seinen Weg fort, und auch er kommt in den Wald, sieht das Lichtlein, geht in das Haus, und man kann sich seine Freude vorstellen, wie er den totgeglaubten Bruder vor sich sieht. Und die Mädchen bemühten sich um ihn: er solle doch bleiben, und auch der Bruder machte so lange, bis er dort blieb, und er blieb so lange, dass auch er sich verliebte und nicht mehr an den blinden Vater noch an die Königin Angelica dachte.

Als ein Jahr und drei Tage vergangen waren und sie daheim auch ihn nicht zurückkehren sahen, da sagte der letzte Bruder: "Jetzt bin ich dran“, und er zog los wie die anderen beiden und kam zu dem Haus der drei Mädchen. Diese taten mit Unterstützung der beiden älteren Brüder alles, um ihn dazubehalten, aber da war nichts zu machen. „Ich will fort, ich will fort, und ich will das Wasser der Königin Angelica finden.“ So macht er sich wieder auf die Reise; es war ein Hundewetter; es regnete in Strömen, und in den Wäldern konnte man sich nirgendwo unterstellen. Endlich entdeckt er ein Haus und findet da drinnen eine Frau, die ihm Unterschlupf gewährt, aber dann sagt sie: "Hör mal zu, dies ist das Haus des Ogers, und ich bin seine Frau; verstecke dich, denn wenn er kommt und dich hier findet, dann frisst er dich.“ Und sie versteckt ihn. Jetzt, nach kurzer Zeit, kommt der Oger nach Hause und schnuppert und schnuppert: „Hier stinkt's nach Menschenfleisch!“ sagt er zu seiner Frau. Die Frau leugnete zuerst, aber nach einiger Zeit erzählte sie dem Oger alles und sagte ihm, der junge Mann habe ihr Geld gegeben, und sie bat ihn so lange, er solle ihm nichts Böses tun, bis der Oger versprach, brav zu sein. Jetzt kam der junge Mann aus dem Versteck und erzählte dem Oger die ganze Geschichte seiner Reise.

„Du gefällst mir“, sagte der Oger; "und ich will dir helfen. Siehst du den Berg dort? Dort oben steht ein Palast, und in dem Palast wohnt die Königin Angelica. Du wirst am Eingang zwei Löwen und zwei Tiger finden. Hier hast du vier Brote, vier Stücke Fleisch und vier Stücke Pa­pier. Das alles gibst du den Löwen und den Tigern, und dann schlafen sie ein. Im Palast findest du die Königin Angelica schlafend auf einem Bett. Du nimmst dir einen Schlüssel, der unter ihrem Kopfkissen liegt; damit öffnest du den Schrank, den du in dem Zimmer siehst, und dort findest du das Wasser; das du suchst. Du nimmst es dir; rennst weg und kommst wieder hier vorbei.“ So zog er los und machte alles ganz so, wie es ihm der Oger gesagt hatte. Er fand die Königin Angelica schlafend; sie war von sieben Schlei­ern bedeckt. Aus Neugierde hob er diese Schleier; und er fand die Köni­gin so schön, aber wirklich so schön, dass er sich nicht zurückhalten konnte und ihr einen Kuss gab. Dann nahm er sich einen Schleier und steckte ihn in die Tasche. Als er sich umdrehte, sah er am Boden zwei goldene Pantöffelchen; er nahm eines und steckte es ebenfalls zu sich. Dann fand er den Schlüssel, öffnete den Schrank, nahm die Flasche mit dem Wasser und rannte weg. Und er kehrte zu dem Oger zurück.

Der Oger nahm die Flasche mit dem Wasser und nähte sie ihm in die Kleider; damit sie niemand finden sollte, und sagte zu ihm: „Pass gut auf, diese Flasche darfst du erst dann herausholen, wenn du im Zimmer dei­nes Vaters bist. Hier hast du eine ähnliche Flasche; die kannst du den an­deren an Stelle der richtigen vorzeigen. Haben wir uns verstanden?“ Der junge Mann dankte dem Oger; machte ihm ein schönes Geldgeschenk, verabschiedete sich und lief in Richtung Heimat. Jetzt kommt er in eine Stadt, hört eine Totenglocke läuten und fragt nach, und man sagt ihm, dass zwei Übeltäter dem Tod entgegengehen. Er geht hin, um das zu sehen und sieht... er sieht, dass es eben seine Brüder waren! Er gab sich zu erkennen, und da er ein Königssohn war; gelang es ihm, die Hinrichtung aufschieben zu lassen. Er hörte von ihnen, die drei Mädchen seien drei Hexen gewesen, und die hätten seine Brüder zum Schurkenleben von Dieben und Mördern verführt, und sie hatten ganz viele Schandtaten begangen, bis sie schließlich gefangen und zum Tode verurteilt worden seien. Da gab sich nun der brave Junge die größte Mühe, sie freizubekommen, und mit Hilfe von Bitten und von Geld schaffte er es schließlich, dass man sie freiließ. Er nahm sie dann mit sich, kleidete sie neu ein und erzählte ihnen die ganze Geschichte mit dem Oger und mit der Königin Angelica und schlug ihnen vor; sie sollten alle zusammen zu ihrem Vater zurückkehren. Die beiden anderen, die eben böse Gemüter hatten, waren eifersüchtig auf ihn, weil er vor dem Vater doch besser dastehen würde, und sie beschlossen, ihn umzubringen.

Nun zogen alle drei los, und als sie unterwegs waren, fingen die bei­den bösen Brüder an, den dritten zu misshandeln, und mit ihren Dro­hungen brachten sie ihn so weit, dass er ihnen die Flasche mit dem Was­ser überließ. Der Jüngste gab ihnen also die Flasche ab und trennte sich von ihnen in der Stadt, in der sie gerade waren. Als sie zum Vater kamen, zeigten sie ihm die Flasche und erzählten alles umgekehrt, so wie wenn sie die Flasche gefunden hätten, und vom Bruder sagten sie alles Böse, so wie wenn er das alles gemacht hätte, was sie getan hatten. Der Vater seg­nete sie, und was den anderen Bruder anbetraf, so gab er den Befehl, man sollte ihn, sobald er sich an den Toren der Stadt zeigen würde, packen und in ein Gefängnis werfen, das voller Wasser und so feucht und stin­kend war; dass man darin nach 24 Stunden starb. In der Tat kam nach wenigen Tagen der dritte Bruder zurück, und er wurde sofort in das Gefängnis eingesperrt. Aber durch die Zauberkraft des Pantöffelchens, des Schleiers und des Wassers, das er bei sich trug, war das Gefängnis gar nicht feucht und auch nicht verpestet; für ihn stand immer etwas zu essen bereit, und es fehlte ihm an nichts. Inzwi­schen hatte der König das Wasser probiert, das ihm die anderen beiden Söhne gebracht hatten, aber es tat keinerlei Wirkung auf ihn. Nun wollte er auf den Thron verzichten und die beiden Söhne krönen lassen - da er­schien plötzlich die Königin Angelica. Der Zauber; der sie so im Schlaf gehalten hatte, war gebrochen, sie war mit vielen Soldaten losmarschiert, und jetzt näherte sie sich mit Kanonendonner der Stadt dieses Königs. Der König schickte einen Gesandten zu ihr und ließ sie fragen, was sie wolle, und er lasse sie bitten, zum Palast zu kommen.

Als sie den Palast betreten hatte, fragte die Königin Angelica den Kö­nig: „Wie viele Söhne habt Ihr?“ „Zwei“, erwiderte der König.

„Nicht mehr?“ „Ich hatte noch einen dritten, aber der muss jetzt tot sein“; und hier er­zählte er die Geschichte dieses Sohns und redete über ihn alles Böse, während er die ersten beiden als sehr liebe Jungen hinstellte. Die Köni­gin forderte, man solle nachsehen, ob der andere noch am Leben sei; der König sagte, es sei unmöglich, dass er noch lebe, aber um ihr zu Gefallen zu sein, ließ er doch nachsehen, und man fand ihn wirklich lebend und frisch wie eine Rose. Sie brachten ihn zu der Königin, die ihn sehen wollte, und die sagte zu ihm: „Kennst du mich?“

„Aber ja kenne ich Sie.“ „Und wer bin ich?“ „Die Königin Angelica.“

„Bist du in meinem Zimmer gewesen?“ „Ja, gnädige Frau.“ „Und du hast mir einen Schleier weggenommen?“

„Ja, gnädige Frau.“ „Na seht Ihr“, sagten die Brüder; „er ist wirklich ein Dieb.“

„Und das Pantöffelchen?“, fragte die Königin. „Ich habe auch das Pantöffelchen mitgenommen“, antwortete er; und die Brüder nannten ihn abermals einen Dieb. „Und mir hast du nichts getan?“ „Ich habe Euch einen Kuss gegeben.“ Man sah an der Königin wirk­lich noch Spuren dieses Kusses. Zuletzt fragte sie ihn auch nach dem Wasser. „Das Wasser habe ich noch bei mir“, und damit zog er den Schleier und das Pantöffelchen heraus, und dann trennte er sich die Klei­dung auf und brachte das Fläschchen mit dem Wasser hervor. Die Köni­gin öffnete gleich das Fläschchen, wusch mit dem Wasser die Augen des Königs, und im Nu konnte der König wieder sehen.

Die beiden bösen Brüder wussten nicht, wo sie hinlaufen und sich ver­stecken sollten. Der Jüngste erzählte nun, wie das alles zugegangen war; und da war der Vater ganz bestürzt und wusste nicht, wie er die beiden Schurken so bestrafen sollte, wie sie es verdient hatten. „Wenn es Ihnen recht ist“, sagte die Königin, „dann werde ich die Strafe erledigen“, und der König sagte, ja, das solle sie nur tun. Da schrie die Königin: „Tiger; komm her; zerreiße den da!, und du Löwe, zerreiße den anderen! „ Da erschien ein Tiger und ein Löwe, und die beiden Kerle wurden zer­fleischt. Dann krönte der König seinen Sohn, und der heiratete die Kö­nigin Angelica, und sie lebten glücklich und zufrieden, und so hört das Märchen auf.