Die sechs Brüder

Märchen aus Korsika 

Ein Vater hatte sechs Söhne. Fünf waren immer nackt und der Sechste hatte keine Kleider. Als alle erwachsen waren, sprach eines Tages der Vater zu ihnen: »Gehen wir in die Stadt und kaufen wir uns Schießgewehr.«

Als sie beim Händler waren, sprach er zu ihnen: »Wählet.« Fünf wählten sich Gewehre ohne Lauf, der Sechste zog eines ohne Hahn vor. Als sie in ihr Dorf zurückkehrten, sahen sie sechs schöne Hasen. Als sie sich näherten, flüchteten sich fünf und der Sechste rannte aus Furcht davon.

»Laufen wir ihnen nach. Herrgott, wie fett sie doch sind!« Sie suchten überall im Wald und im Buschholz herum und schließlich fing man fünf und erwischte den Sechsten.

»Welch ein Glücksfall, heute werden wir ein gutes Frühstück haben!« Als sie zuhause ankamen, sprach der Vater zu seinen Söhnen: »Geht zu unsern Nachbarn und leiht euch sechs Kasserolen aus, damit wir unsere Hasen bald gar kochen können.«

Bald nachher kamen sie zurück und brachten fünf durchlöcherte Kasserolen und eines ohne Boden mit. – »Es ist gut,« sagte der Vater und legte ganz fröhlich in jede Kasserole einen Hasen, machte Feuer und setzte sie darauf.

Gegen Mittag wollte der ältere Bruder, der schon hungrig war, nachsehen, ob die Hasen schon gekocht seien. Er hob einen Deckel ab, da sprang ihm aber ein Knochen ins Gesicht und zerfetzte ihm ein Ohr. Auf sein jämmerliches Geschrei hin kamen der Vater und die anderen Brüder herbei. Als sie ihn blutend antrafen, holten sie sechs Ärzte, von denen fünf außerordentlich dumm waren, während der Sechste gar nichts verstand.

Nachdem sie lange herumgestritten hatten, einigten sich die ehrwürdigen Männer über das Übel des jungen Mannes und erklärten einstimmig, dass er krank sei.

Hernach wollten sie, dass man ihn auf sein Bett lege und ... – »Habt ihr schon ausgesprochen?« – »Nein, aber wenn ich weiter reden würde, könnte ich den Verwundeten aufwecken; ich werde euch daher alles andere nach seiner Heilung mitteilen.«