Von einem Pfuscher und einem Arzt

aus Italien

Ein Arzt, reich an Geld, aber arm an Wissen, teilte sich mit ei­nem andern, der wenig Geld, aber viel Wissen hatte, in die Behandlung eines der ersten Edlen der Stadt. Als sie eines Tags miteinander hingegangen waren, ihn zu besuchen, gab der reiche Pfuscher, nachdem er den Puls untersucht und ihn bewegt und ungleich gefunden hatte, den Spruch ab, der Kranke leide an Fieber; der andere Arzt aber blickte wie zufällig unters Bett, wo er Äpfelschalen sah, und war auch schon überzeugt, der Patient habe am Abend Äpfel gegessen. Nun fühlte auch er den Puls und sagte: »Mein Freund, ich sehe, dass Ihr am Abende Äpfel gegessen habt; das ist der Grund Eures Fiebers.« Der Kranke, der nicht leugnen konnte, gab es zu; darauf verordnete er ihm ein rasch wirkendes Mittel, und sie gingen weg.

Der Pfuscher, dem vor Neid die Galle geschwollen war, fragte nun, als er mit seinem Genossen dahinschritt, an welchen Zeichen er erkannt habe, dass der Kranke Apfel genossen hatte, und bat ihn, ihm sein Geheimnis mitzuteilen, er wolle ihm dafür reichlichen Lohn zahlen. Der Arzt, der die Unwissenheit des andern bemerkte, belehrte ihn, um ihn zuschanden zu bringen, auf folgende Art: »Wenn es sich trifft, dass Ihr die Behandlung eines Kranken übernehmen sollt, dann blickt sofort beim Eintritt unters Bett; und was Ihr dort Essbares findet, davon, das könnt Ihr sicher sein, hat er gegessen! Dieser Kniff stammt von einem hervorragenden Gelehrten.« Der Arzt erhielt hierauf das Geld für die Mitteilung, und sie schieden voneinander.

Am nächsten Morgen wurde der reiche Pfuscher zu irgendeinem Bauern geholt; kaum war er dort, so blickte er unters Bett und sah dort eine Eselshaut. Nun untersuchte er den Puls und die Zahl der Schläge, fand, dass der Bauer stark fieberte, und sprach: »Ich bin mir völlig klar darüber, mein Freund, dass du am Abend einen Esel gefressen und dich damit an den Rand des Grabes gebracht hast.« Der Bauer, belustigt über die närrische Rede des Arztes, antwortete lächelnd: »Verzeiht, Herr, ich bitt Euch; denn bei Gott, gestern sind es zehn Tage gewesen, dass ich keinen Esel außer Euch gesehen habe, geschweige denn verzehrt hätte.« Mit diesen nicht unwitzigen Worten warf er den Dummkopf hinaus, um einen kundigeren Arzt zurate zu ziehen.